Persien
Die Perser, ein freies Berg- und Nomadenvolk, über reichere, gebildetere und üppigere Länder herrschend, behielten doch im ganzen die Grundzüge ihrer alten Lebensweise bei; sie standen mit einem Fuße in ihrem Stammlande, mit dem anderen im Auslande. In dem Stammlande war der König Freund unter Freunden und wie unter seinesgleichen; außer demselben der Herr, dem alle unterworfen sind und sich durch Tribut ihm angehörend beweisen. Der Zendreligion treu, üben sich die Perser in der Reinheit und in dem reinen Dienst des Ormuzd. Die Gräber der Könige waren im eigentlichen Persien, und dort besuchte bisweilen der König seine Landsleute, mit denen er in einem ganz einfachen Verhältnis lebte. Er brachte ihnen Geschenke mit, während bei allen andern Nationen diese dem König Geschenke geben mußten. Am Hofe des Monarchen befand sich eine Abteilung persischer Reiterei, welche den Kern der ganzen Armee ausmachte, miteinander speiste und überhaupt sehr gut diszipliniert war. Sie zeichnete sich durch Tapferkeit rühmlich aus, und auch die Griechen erkannten in den medischen Kriegen ihren Mut mit Achtung an. Wenn das ganze persische Heer, zu dem diese Abteilung gehörte, ausziehen sollte, so wurde zuvörderst ein Aufgebot an alle asiatischen Völkerschaften erlassen. Fanden sich die Krieger zusammen, so wurde der Zug alsdann mit jenem Charakter der Unruhe und schweifenden Lebensweise unternommen, der das Eigentümliche der Perser ausmachte. So ging man nach Ägypten, nach Skythien, nach Thrakien, so endlich nach Griechenland, wo diese ungeheure Macht gebrochen werden sollte. Ein solcher Aufbruch erschien fast wie eine Völkerwanderung, die Familien zogen mit; die Völker erschienen in ihrer Besonderheit mit ihrer Bewaffnung und wälzten sich haufenweise fort, jedes hatte eine andere Ordnung und eine andere Art zu kämpfen. Herodot entwirft uns bei dem großen Völkermarsch des Xerxes (es sollen zwei Millionen Menschen mit ihm gezogen sein) ein glänzendes Bild von dieser Mannigfaltigkeit; doch da diese Völkerschaften so ungleich diszipliniert waren, so verschieden an Kraft und Tapferkeit, so wird es leicht begreiflich, daß die kleinen, disziplinierten, von einem Mut beseelten Heere der Griechen, unter trefflicher Anführung, jenen unermeßlichen, aber ungeordneten Streitkräften Widerstand leisten konnten. Die Provinzen hatten für den Unterhalt der persischen Reiterei, die sich im Mittelpunkte des Reiches aufhielt, zu sorgen. Babylon hatte von diesem Unterhalt den dritten Teil zu geben und erscheint somit als die bei weitem reichste Provinz. Sonst mußte jedes Volk nach der Eigentümlichkeit seiner Produkte davon das Vorzüglichste liefern. So gab Arabien den Weihrauch, Syrien den Purpur usw.
Die Erziehung der Prinzen, besonders aber des Thronerben, war äußerst sorgfältig. Bis zu ihrem siebenten Jahre bleiben die Söhne des Königs unter den Frauen und kommen nicht vor das Angesicht des Herrschers. Von dem siebenten Jahre an werden sie in der Jagd, im Reiten, im Bogenschießen usw. unterrichtet, sowie im Sprechen der Wahrheit. Einmal wird auch angegeben, daß der Prinz in der Magie des Zoroaster Unterricht empfangen habe. Vier der edelsten Perser erziehen den Prinzen. Die Großen überhaupt bilden eine Art von Reichstag. Unter ihnen befanden sich auch Magier. Sie sind freie Männer, voll edler Treue und Patriotismus. So erscheinen die sieben Großen, das Abbild der Amschaspands, die um den Ormuzd stehen, nachdem der falsche Smerdis, der sich nach dem Tode des Königs Kambyses als dessen Bruder ausgab, entlarvt worden war, um zu beratschlagen, welche Regierungsform eigentlich die beste sei. Ganz leidenschaftslos und ohne einen Ehrgeiz zu beweisen, kommen sie dahin überein, daß die Monarchie für das persische Reich allein passend sei. Die Sonne und das Pferd, das sie durch Wiehern zuerst begrüßt, bestimmen dann den Nachfolger Darius.
Bei der Größe des persischen Reiches mußten die Provinzen durch Statthalter, Satrapen, beherrscht werden, und diese zeigten oft sehr viele Willkür gegen die ihnen untergebenen Provinzen und Haß und Neid gegeneinander, woraus freilich viel Unheil entsprang. Diese Satrapen waren nur Oberaufseher und ließen gewöhnlich die unterworfenen Könige der Länder in ihrer Eigentümlichkeit. Dem großen Könige der Perser gehörte alles Land und alles Wasser; Land und Wasser forderten Darius Hystaspes und Xerxes von den Griechen. Aber der König war nur der abstrakte Herr: der Genuß verblieb den Völkern, deren Leistungen darin bestanden, den Hof und die Satrapen zu unterhalten und von dem Köstlichsten, was sie besaßen, zu liefern. Gleichförmige Abgaben kommen erst unter der Regierung des Darius Hystaspes vor. Wenn der König im Reiche herumreiste, so mußten ebenfalls Geschenke geliefert werden, und aus der Größe dieser Gaben sieht man den Reichtum der nicht ausgesogenen Provinzen. So ist die Herrschaft der Perser auf keine Weise unterdrückend, weder in Ansehung des Weltlichen noch des Religiösen. Die Perser, sagt Herodot, hätten zwar keine Götzenbilder, indem sie die anthropomorphistischen Darstellungen der Götter verlachten, aber sie duldeten jede Religion, obgleich einzelne Ausbrüche des Zornes gegen die Abgöttereien sich finden. Griechische Tempel wurden zerstört und die Bilder der Götter zertrümmert
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